Der BAP informiert: Zeitarbeit Vorurteile – und die Realität

  • 15.03.2017 14:47:24
  • von brauer

Zeitarbeit Vorurteile – und die Realität

"Zeitarbeit ist prekäre, schlecht bezahlte und unsichere Beschäftigung."

Hinter Zeitarbeit stehen fast ausschließlich sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Zeitarbeit unterliegt vollständig dem allgemeinen deutschen Arbeitsrecht. So gibt es etwa kein spezielles Kündigungsrecht nur für die Zeitarbeitsbranche. Die Bezahlung von Zeitarbeitnehmern basiert zu fast 100 Prozent auf eigenen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche. Rund drei Viertel aller Zeitarbeitnehmer arbeiten nach einem DGB-Tarif. In den BAP/DGB-Tarifverträgen liegt das niedrigste Einstiegsgehalt für Geringqualifizierte über Mindestlohn (Entgeltgruppe 1/West). Zeitarbeit steht für die gesamte Fülle des Arbeitslebens: Hilfsarbeiter, Schlosser, Buchhalter, Ingenieure oder IT-Experten.

"Zeitarbeit verdrängt Stammarbeitsplätze."

Zeitarbeit verdrängt keine Stammbelegschaft. Denn Zeitarbeit wird lediglich von einem Bruchteil deutscher Unternehmen genutzt, dort auch nur in bestimmten Bereichen und in der Regel nur über einen begrenzten Zeitraum. Unterm Strich sind gerade einmal 2,3 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland Zeitarbeitnehmer – der Anteil der Zeitarbeit am gesamten Arbeitsmarkt ist also gering. Damit ist eine Verdrängung allein schon rechnerisch ausgeschlossen.

"Zeitarbeitnehmer verdienen viel weniger als die Stammbeschäftigten, mit denen sie zusammenarbeiten. Das ist ungerecht."

Zeitarbeitnehmer werden nicht nach dem Tarif des Kundenunternehmens bezahlt, sondern nach einem Tarif der Zeitarbeitsbranche, wie ihn der BAP mit der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit abgeschlossen hat. In manchen Fällen sind die Tariflöhne der Einsatzbranchen, trotz überdurchschnittlicher Lohnzuwächse für Zeitarbeitnehmer, höher als die der Zeitarbeit. Um diese Differenzen bei der Bezahlung von Zeitarbeitnehmern und Stammarbeitskräften zu beseitigen, haben die Arbeitgeber der Zeitarbeit mit Gewerkschaften des DGB bisher elf Branchenzuschlagstarifverträge (für insgesamt zwölf Wirtschaftsbereiche) abgeschlossen. Mit dem Inkrafttreten dieser Tarifverträge wurde ein Großteil von Entgeltdifferenzen beseitigt. Darüber hinaus bestehende Lohnunterschiede werden regelmäßig bei undifferenzierten Vergleichen festgestellt. Dabei werden die durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten aller Branchen mit den entsprechenden durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelten in der Arbeitnehmerüberlassung verglichen. In einem solchen Vergleich bleiben entgeltrelevante Merkmale wie beispielsweise Qualifikation, Alter, Beruf außen vor. Es wird nicht berücksichtigt, dass Helfertätigkeiten, die im Allgemeinen eine niedrigere Entlohnung mit sich bringen, in der Arbeitnehmerüberlassung häufiger zu finden sind. So liegt der Anteil der Helfer unter den Vollzeitbeschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland laut den Daten der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit bei 52 Prozent gegenüber 12 Prozent bei einer branchenübergreifenden Betrachtung. Überdurchschnittlich gut verdienende Akademiker arbeiten seltener in der Zeitarbeit. So gibt es mit 14,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten branchenübergreifend doppelt so viele Akademiker wie in der Zeitarbeit mit bundesweiten 7,5 Prozent. Aus standesrechtlichen Gründen finden sich in der Arbeitnehmerüberlassung auch keine Ärzte. Damit fehlt die bestverdienende Akademikergruppe völlig in der Zeitarbeit.

"Aber in Frankreich gibt es doch 'gleichen Lohn für gleiche Arbeit'."

Das stimmt, allerdings sind das deutsche und das französische System völlig verschieden. So ist die Arbeitgeberfunktion der französischen Zeitarbeitsunternehmen im Vergleich zu Deutschland extrem eingeschränkt. Nach dem Einsatz im Kundenunternehmen ist der Zeitarbeitnehmerautomatisch arbeitslos. Anders als in Deutschland gibt es dort keine Lohnfortzahlung bei Nichteinsatz, Krankheit, Urlaub oder Qualifizierungsmaßnahmen. Diese Kosten und Risiken müssen französische Zeitarbeitsunternehmen, die nur Vermittlungsagenturen sind, nicht abdecken. Eine Kombination beider Modelle, also vollwertige Arbeitgeberfunktion mit allen sozialen Verpflichtungen plus „Equal Pay“, funktioniert nicht und wird weltweit nirgends praktiziert. "Bei Nichteinsatz bekommen Zeitarbeitnehmer kein Geld."

Dies ist rechtswidrig. Zeitarbeitnehmer erhalten vom Zeitarbeitsunternehmeneinen festen Lohn auf der Basis einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit – unabhängig von der tatsächlichen Arbeitszeit, also auch bei Nichteinsatz.

Quelle: Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister, 15.03.2017